Experimentelle Untersuchungen zur Löslichkeit von Gasen in ionischen Flüssigkeiten
Kumelan, Jacek - Technische Universität Kaiserlautern (2011)
Ionische Flüssigkeiten werden häufig als Reaktionsmedien (Lösungsmittel) zur Durchführung von chemischen Reaktionen diskutiert. An vielen solcher Reaktionen (z. B. Hydroformylierungen, Hydrierungen und Oxidationen) sind Gase beteiligt. Deshalb ist die Kenntnis der Gaslöslichkeit in ionischen Flüssigkeiten nicht nur von wissenschaftlichem, sondern auch von technischem Interesse. Langfristiges Ziel von wissenschaftlichen Arbeiten auf diesem Gebiet ist die Entwicklung und Erprobung von Methoden zur Vorhersage solcher Gaslöslichkeiten, z.B. durch eine "Molekulare Simulation". Dazu sind jedoch zuverlässige experimentelle Angaben erforderlich. Deshalb hat im letzten Jahrzehnt die experimentelle Bestimmung von Gaslöslichkeiten in ionischen Flüssigkeiten stark an Bedeutung gewonnen. Trotzdem liegen in der Literatur nur vergleichsweise wenige, zuverlässige, quantitative Angaben vor.
Aufbauend auf früheren Arbeiten am Lehrstuhl für Technische Thermodynamik der Universität Kaiserslautern zur Löslichkeit von Gasen in wässrigen (teilweise mit den Gasen reagierenden) Lösungen wurde in der vorliegenden Arbeit die Löslichkeit von sieben Gasen (CO2, CO, H2, CH4, O2, Xe und CF4) in vier ionischen Flüssigkeiten (den drei imidazolbasierten Flüssigkeiten - [bmim][PF6], [bmim][CH3SO4], [hmim][Tf2N] - und einer Pyrrolidiniumverbindung - [bmpy][Tf2N] - ) experimentell im Temperaturbereich zwischen 293 K und 413 K bei Drücken zwischen 0.1 und 10 MPa untersucht.
Die experimentellen Untersuchungen erfolgten mit einer nach der synthetischen Methode arbeitenden Versuchsanlage. Sie musste jedoch an die neue Aufgabenstellung adaptiert werden. Im Verlauf der Messungen wurden auch volumetrische Daten der Mischungen (Gas + Ionische Flüssigkeit) bestimmt. Dabei war in allen untersuchten ionischen Flüssigkeiten Kohlendioxid das am besten lösliche und Wasserstoff das am schlechtesten lösliche Gas. Die Löslichkeit von Wasserstoff in den untersuchten ionischen Flüssigkeiten ist dabei so gering, dass das (für sehr schlecht lösliche Gase typische, aber selten beobachtete) Phänomen der Zunahme der Gaslöslichkeit mit steigender Temperatur auftritt. Die Löslichkeit des gleichen Gases in den vier untersuchten ionischen Flüssigkeiten unterscheidet sich dagegen vergleichsweise wenig (Unterschiede etwa um einen Faktor zwei). Die Messwerte wurden mit Hilfe des erweiterten Henryschen Gesetzes korreliert. Dazu wurde zunächst die Henrysche Konstante (beim Druck null) für die Löslichkeit des jeweiligen Gases in der betrachteten ionischen Flüssigkeit bestimmt. Die Genauigkeit der so erhaltenen Henryschen Konstanten beträgt etwa ein Prozent. Die Abweichungen vom vereinfachten Henryschen Gesetz wurden durch Berücksichtigung der Krichevsky-Kasarnowsky-Korrektur zur Henryschen Konstante und/bzw. durch Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen den gelösten Gasmolekülen (über Aktivitätskoeffizienten) erfasst. Zur Beschreibung der Krichevsky-Kasarnowsky-Korrektur wird das partielle molare Volumen des Gases in der ionischen Flüssigkeit (im Grenzfall der unendlichen Verdünnung) benötigt. Dieses Volumen bestimmt auch entscheidend die Volumenveränderung der Flüssigkeit beim Lösen eines Gases. Diese Volumenexpansion kann bei einem "gutlöslichen" Gas bei Löslichkeitsdrücken von ca. 10 MPa bis 20 Prozent des Volumens der reinen ionischen Flüssigkeit betragen. Für "gutlösliche" Gase konnte durch eine Auswertung der während der Messungen angefallenen volumetrischen Daten, dieses partielle molare Volumen bestimmt und damit die Krichevsky-Kasarnowsky-Korrektur berechnet werden. Bei hohen Drücken (d.h. hohen Gaskonzentrationen) muss darüber hinaus auch der Aktivitätskoeffizient des gelösten Gases berücksichtigt werden. Dieser wurde mit Hilfe eines ursprünglich von Pitzer für wässrige Elektrolytlösungen angegebenen empirischen Ansatzes für die Gibbssche Exzessenergie ausgedrückt. Die darin erforderlichen Wechselwirkungsparameter wurden - unter Verwendung der jeweiligen Henryschen Konstanten und des partiellen molaren Volumens des gelösten Gases - aus den experimentell bestimmten Gaslöslichkeitsdaten ermittelt. Für "schlecht lösliche" Gase erlaubten die volumetrischen Daten keine zuverlässige Bestimmung des partiellen molaren Volumens des Gases. Allerdings sind dann i.d.R. die Konzentrationen des gelösten Gases in der ionischen Flüssigkeit auch bei hohen Drücken so gering, dass eine Berücksichtigung der Aktivitätskoeffizienten nicht erforderlich ist. Deshalb konnte in diesen Fällen, das partielle molare Volumen des Gases unmittelbar durch eine Anpassung an die Gaslöslichkeitsdaten - unter Verwendung der jeweiligen Henryschen Konstanten beim Druck null - bestimmt werden. Die so erhaltenen Korrelationen (Henrysche Konstante, partielles molares Volumen des Gases in unendlicher Verdünnung im Lösungsmittel und (teilweise) Wechselwirkungsparameter des Pitzerschen Ansatzes) geben die experimentell bestimmten Gaslöslichkeiten im Rahmen der experimentellen Unsicherheiten wieder.