Entwicklung eines präzisen, schnellen und automatischen Biochip-Systems für patientennahe Sepsis-Diagnostik
Kemmler, Manuel - Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (2010)
Sepsis ist ein Krankheitsbild, bei dem ein schnelles Diagnoseverfahren benötigt, damit die richtige Therapie vom Arzt für den Patienten schnell gewählt werden kann. Point-of-Care-Testing (POCT) bezeichnet solche patientennahe Tests. POCT kann die Zeit von der Probenentnahme bis zum Erhalt des Testresultats, die so genannte Therapeutic-Turn-Around-Time (TTAT), deutlich verkürzen. Zusätzlich bedeutet POCT eine Dezentralisierung der großen Zentrallabore. Denn das Analysegerät kommt zum Patienten und nicht der Patient bzw. die Patientenprobe zum Analysegerät. Dadurch können wichtige diagnostische Entscheidungen schneller getroffen und die Therapie folglich früher gestartet werden. Dies kann bei der Sepsis Leben retten, denn die Überlebenschance eines Patienten mit Sepsis nimmt stündlich um 6 % ab. Aktuelle Studien zur Sepsis zeigen hohe Sterberaten auf, allein in Deutschland sterben 60 000 Menschen pro Jahr an den Folgen der Sepsis. Diese hohe Sterblichkeit zu reduzieren, ist somit von großem gesellschaftlichem Interesse, was durch ein geeignetes POCT-System erreicht werden könnte. Einsatzgebiete eines solchen POCT-Systems können hierfür beim Notdienst, im Operationssaal, auf Intensivstationen, in ambulanten Bereichen oder direkt in den Arztpraxen sein.
Für die Diagnose von Sepsis können spezielle Immun-Tests verwendet werden. Diese sind so konzipiert, dass sie bestimmte Parameter in einer Blutprobe detektieren können, um eine konkrete Diagnose zu stellen. Für die Diagnose einer Sepsis werden sehr häufig die Parameter C-reaktives Protein, Interleukin-6, Procalcitonin und Neopterin eingesetzt. Auf Grund der schnellen Testzeit ist es deshalb von Vorteil die benötigten Parameter gleichzeitig zu erfassen. Daher sollte das Testformat in der Lage sein, diese Parameter parallel zu erfassen, also mit einem Multi-Parameter-Test. Ziel der Diagnose ist es, zwischen einem Systemic Inflammatory Response Syndrom (SIRS), Sepsis, schwerer Sepsis und septischem Schock unterscheiden zu können, da diese Differenzierung "essentiell für die spezifische Therapie" für den Patienten ist.
Ziel der Arbeit ist es, einen Multi-Parameter-Test für die Diagnose einer Sepsis mit den vier Analyten C-reaktives Protein (CRP), Interleukin-6 (IL-6), Procalcitonin (PCT) und Neopterin (NPT) zu etablieren. In diesem Zusammenhang wird ein Multi-Parameter-Test auf das Format eines neuen optischen Detektionssystems übertragen und für die Diagnose einer Sepsis optimiert. Das Detektionssystem ist ein Wellenleiterfluorometer (WLS) und stand zum Beginn der Arbeit zur Verfügung. Das WLS ist in der Lage, Signale eines fluoreszierenden Mikroarrays hoch-sensitiv zu erfassen. Der zu übertragende Test ist ein Fluoreszenz-Immun-Test auf Basis von Mikroarrays auf Objektträgern des Projektpartners Austrian Institute of Technology, der manuell prozessiert wird. Der lineare Messbereich der Parameter im System soll die physiologischen Werte bis hoch zu den pathogen erhöhten Werten abdecken. Da CRP mit 1-5 mg/l im Serum physiologisch einen hohen Wert aufweist und im Vergleich IL-6 dazu einen sehr niedrigen Wert von < 10 ng/l, kann der Test nicht einfach durch Verdünnen des Plasmas eingestellt werden. Dennoch wird verdünnt, um Matrix-Effekte zu minimieren. Als Matrix-Effekte werden in der Probe befindliche Stoffe genannt, die neben dem Analyten auftreten und das Test-Signal negativ beeinflussen. Der Test wird auf die zu entwickelnde Fluidik-Einheit übertragen. Die Durchführung des Tests soll vollautomatisiert ablaufen und innerhalb kürzester Zeit prozessiert werden. Die Testzeit soll unter 30 Minuten liegen, so dass das Gerät POCT-Kriterien erfüllt. Der Zeitaufwand für das Testformat, welches ohne Gerät prozessiert wird, beträgt ca. drei Stunden, d. h. die Testzeit muss drastisch reduziert werden. Zusätzlich soll die Fluidik-Einheit aus wenigen Komponenten aufgebaut sein, mit wenigen Mikrolitern Probenvolumen auskommen und muss vielzählige Funktionen beinhalten, um die Tests prozessieren zu können. Dazu gehören z. B. exaktes Dosieren weniger Mikroliter, Mischen, Verdünnen, Vorinkubation und Inkubation.
Eine weitere, essentielle Voraussetzung für ein POCT-System sind akkurate Testergebnisse. Diese Ergebnisse sollen im Rahmen der Vorschriften von validierten Methoden liegen, wie z. B. die Vorgabe der FDA "Guidance for Industry on Bioanalytical Method Validation" oder der Richtlinie der Bundesärztekammer. Das bedeutet unter anderem die Einhaltung der Präzision und Genauigkeit unter vorgeschriebener Berechnung. Diese Grenzwerte sollen durch die Etablierung spezieller Methoden innerhalb der Mikroarrays erreicht werden, die das Testsignal korrigieren und so akkurat werden. Im Rahmen der Arbeit sollen so unterschiedliche Methoden getestet werden.