Bioinspirierte Partikeladsorption: Polyelektrolyt-Multilayer auf strukturierten Substraten
Große, Xenia - Philipps-Universität Marburg (2013)
Pollen sind in der Lage auf ihren Oberflächen Feinstaub zu fixieren. Diesem natürlichen Vorbild folgend war das Ziel dieser Arbeit die Entwicklung verschiedener Polyelektrolyt-Multilayer (PEM) auf glatten und strukturierten Substraten zur Erforschung der Korrelation von Oberflächeneigenschaften und spezifischem Partikeladsorptions-Potenzial. Die Strategie konzentrierte sich auf zwei Aspekte: Oberflächenchemie und Oberflächentopographie. Es wurden bekannte und neue Multischichten (16-lagig) durch Layer-by-Layer Anlagerung gegensätzlich geladener Polyelektrolyte mittels dippen hauptsächlich auf glatten und in Streifen strukturierten Silizium-Substraten hergestellt und erstmals umfassend charakterisiert. Die hierbei eingesetzten Polyelektrolyt-Kombinationen aus, Poly(L-lysin)/Poly(L-glutaminsäure), Poly(allylamin)/Poly(L-glutaminsäure) und Poly(L-histidin)/Poly(L-glutaminsäure), basieren auf ermittelten Funktionalitäten an adhäsiven Pollenoberflächen. Die Struktur dieser Oberflächen ist Vorbild der strukturierten Substrate, wobei die Etablierung einer aussagekräftigen Kombination analytischer Methoden von nm-Beschichtungen auf µm-Strukturen insbesondere an den Strukturstufen einen Kern dieser Arbeit darstellt.
Hierzu wurden vergleichende Messungen mittels Energy dispersive X-ray spectroscopy, X-ray photoelectron spectroscopy, Infrarotspektroskopie, Ellipsometrie, X-ray reflectometry, Atomic force microscopy, Rasterelektronenmikroskopie, Kontaktwinkel-, Strömungsstrom- und Strömungspotenzial-Messungen durchgeführt. Eine Auswirkung der µm-Substratstrukturen auf die in allen Fällen flächenhomogenen und morphologisch reproduzierbaren Beschichtungen im Vergleich zu glatten Substraten konnte weder für die Topographie noch für Rauigkeit oder die Schichtdicke festgestellt werden. Es wurden keine Anhäufungen oder Löcher in der Beschichtung an Strukturstufen gefunden.
Die Untersuchungen der Topographie zeigen eine Polyelektrolytabhängigkeit der stets statistisch verteilten und rundlichen Feinstrukturen der PEM, die sich auf die random coil Anordung der Polyelektrolyte gründet. Für die (PLL/PGA)8-Beschichtung entsprach die Feinstruktur kleinen Erhöhungen im 20 nm-Bereich aus einer relativ geschlossenen Unterschicht, die der (PAH/PGA)8-Beschichtung zeigte einen spinnennetz-artigen Überwurf und Erhöhungen um die 60 nm und die (PLH/PGA)8-Beschichtung wies eine sehr glatte und geschlossene Schicht mit Kügelchen im 5 nm-Bereich auf, welche teilweise eine Art Agglomerat formten. Dies stellt eine bis dahin unbekannte Oberflächentopographie dar. Eine Entstehung der Feinstrukturen aus Verunreinigungen oder Absättigungseffekten konnte ausgeschlossen werden und die feste Verankerung der Erhöhungen mit der Unterschicht wurde in allen Fällen nachgewiesen.
Die gemittelten über optische und physikalische-Methoden bestimmten Schichtdicken von 37 nm ±2 nm für (PLL/PGA)8, 75 nm ±14 nm für (PAH/PGA)8 und 17 nm ±1 nm für (PLH/PGA)8 sind vergleichsweise dünn, aber gut reproduzierbar, homogen und korrelieren mit dem Schichtwachstum. Dieser erfolgte beschichtungsabhängig in Lösung und trocken exponentiell, stärker exponentiell oder linear und mit chemisch unveränderten Komponenten.
In keinem Fall konnten optisch, physikalisch oder chemisch definierte Layer-Grenzen innerhalb der Beschichtungen erhalten werden. Die Ergebnisse von ersten Luftstrom-Stabilitätstests und Adhäsionstests zeigen, dass alle getesteten Beschichtungen für die angedachte Anwendung in spezialisierten "Filter-Systemen" stabil und adhäsiv gegenüber sphärischem Kohlenstoff sind, wobei eine ausgeprägte Misch-Beschichtung vorteilhaft scheint. Die industriell kostengünstig herrstellbaren PEM stellen folglich eine gute Beschichtung für strukturierte Substrate in spezialisierten "Filter-Systemen" dar und zukünftige Arbeiten werden sich auf Substratstruktur-Einflüsse und Adhäsionsverhalten konzentrieren.