Entwicklung neuer Methoden zur PEG-Derivatisierung und Internalisierung therapeutisch wirksamer Oligonukleotide
Betzler, Bernd - Universität Ulm (2011)
Ein Ziel der vorliegenden Arbeit war es, eine universelle Methode zur beidseitig asymetrischen Derivatisierung von therapeutisch wirksamen Oligonukleotiden (vornehmlich Antisense-Oligonukleotid-Thiophosphaten) mit Polyethylenglykolen verschiedener Länge zu entwickeln. Die Bindung sollte dabei möglichst stabil sowie biokompatibel sein, weshalb das Hauptaugenmerk auf die Ausbildung von Amidbindungen durch N-Hydroxysuccinimid (NHS) Ester gelegt wurde.
Die naheliegendste Methode zur beidseitig asymmetrischen Derivatisierung, durch einen temporären Schutz des 5'-Terminus eines beidseitig aminomodifizierten Oligonukleotid-Thiophosphats und der Umsetzung des freien 3'-Endes mittels PEG-NHS, erwies sich leider, aufgrund der Instabilität der MMT-Schutzgruppe, als nicht zufriedenstellend.
Aus diesem Grunde wurde eine immobilisierte Strategie entwickelt, bei der das Oligonukleotid zunächst auf einem aminofunktionalisierten Träger belassen wird. Die Umsetzung des ebenfalls aminofunktionalisierten 5'-Endes erfolgt mittels eines PEG-NHS Esters, während das Oligonukleotid mit dem 3'-Ende noch auf dem Träger verankert ist. Nach der Abspaltung vom Träger und der Abtrennung der unumgesetzten Sequenzen erfolgt die Derivatisierung des nun freien 3'-Endes mit einem anderen PEG-NHS Ester in Lösung. Diese Methode gerät ebenfalls an ihre Grenzen, wenn eine asymmetrische Derivatisierung mit einem langkettigen, polydispersen und einem kurzkettigen, monodispersen Polyethylenglykol erfolgen soll. In diesem Falle muß die erste, trägergebundene Umsetzung mit dem monodispersen PEG erfolgen, da ansonsten, aufgrund der sich überschneidenden Molekülmassen, keine saubere Abtrennung der nur einseitig derivatisierten Nebenprodukte möglich ist. Das dadurch zunächst strikt vorgegebene Muster der PEGylierung in Form des monodispersen PEG am freien 5'-Ende des trägergebundenen Oligonukleotids konnte allerdings durch die Verwendung von 5'-Phosphorigsäureesteramiden umgangen werden.
Die auf diesem Wege mit Polyethylenglykolen unterschiedlicher Länge derivatisierten Oligonukleotid-Thiophosphate wurden daraufhin mittels verschiedener Methoden auf eine erhöhte Stabilität gegenüber Exo- sowie auch gegenüber Endonukleasen untersucht. Dabei zeigte sich, dass eine alleinige Betrachtung mittels RP-HPLC nicht ausreicht, da auf diese Weise die verkürzten Sequenzen eines Oligonukleotids ohne PEG-Derivatisierung nicht erkannt werden können. Als gute Methoden zur Untersuchung des Abbauverhaltens erwiesen sich eine Kopplung aus RP-HPLC und MALDI-TOF MS sowie die Verwendung eines Polyacrylamid-Gels. Diese Methoden ergaben, dass alle PEGylierungsmuster zu einer stark erhöhten Stabilität sowohl gegenüber 5'-Exonukleasen als auch gegenüber 3'-Exonukleasen führen. Eine leichte Erhöhung der Stabilität gegenüber Endonukleasen ist jedoch nur bei Verwendung von längerkettigen Polyethylenglykolen zu erkennen.
Nach der Kopplung eines PEG-derivatisierten Oligonukleotids mit dem Internalisierungspeptid Penetratin stellte sich die Aufreinigung des Konjugats als besonders problematisch dar. Da das Konjugat aus einem argininreichen, stark polykationischen Peptidcarrier und einem polyanionischen Oligonukleotidteil besteht, neigt es, besonders bei hohen Überschüssen des polykationischen Peptids, stark zur Prezipitation. Erst durch die Anwendung von Ionenaustauschchromatographie im Zusammenspiel mit einem stark formamidhaltigen Puffersystem konnte eine zufriedenstellende Produktreinheit erreicht werden.
Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde durch Expression in E. coli ein rekombinantes Fusionsprotein aus dimerem Streptavidin und Zell-internalisierendem Penetratin hergestellt. Weiterführend könnten auf diese Weise biotinylierte Oligonukleotide über das dimere Streptavidin an den Carrier gekoppelt werden, wodurch die Möglichkeit geschaffen würde, den gesamten Komplex durch die internalisierende Wirkung des Penetratins in eine Zelle einzuschleusen. Dazu wurde ein Expressionsvektor konstruiert, welcher die Penetratin-codierende Basensequenz zusammen mit dem Gen eines dimeren Streptavidins (TSA43) enthält. Die codierende Nukleinsäure-Sequenz des dimeren Streptavidins wurde durch PCR aus dem von Prof. Dr. Takeshi Sano (Boston University) zur Verfügung gestellten Plasmid pTSA43 gewonnen. Die 48 Nukleotide lange Penetratin-codierende Sequenz wurde synthetisch in einen der beiden PCR-Primer eingebaut, welche auch die kompatiblen Schnittstellen für die Klonierung in den pQE-30 Zielvektor enthielten. Dabei erwies sich eine leichte Toxizität des Penetratins als großes Problem bei der Klonierung mittels des zunächst verwendeten E. coli Stammes DH5α. Dieser Stamm trägt keine lacIq-Mutation, wodurch es, aufgrund fehlender Produktion des lac-Repressors, auch ohne externe Induktion zu einer schwachen Expression des im Vektor codierten Proteins kommt. Dies führte beim leicht toxischen Penetratin zu einer Selektion von Mutanten ohne funktionelles Protein. Erst durch die Verwendung des E. coli Stammes JM109 mit lacIq-Mutation gelang es, ein fehlerfreies Konstrukt zu exprimieren, welches in der Lage war Biotin zu binden.