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09.12.2024

28.08.2020

Insekten sind Quelle für das wechselnde Verhältnis chiraler BVOC im Amazonas-Regenwald


Wälder wie der Amazonas-Regenwald geben große Mengen biogener flüchtiger organischer Verbindungen (BVOC) an die Atmosphäre ab. Diese Verbindungen beeinflussen die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Atmosphäre und auch unser Klima.

Die Moleküle reagieren schnell mit OH-Radikalen und Ozon und beeinflussen so die Oxidationskapazität der Atmosphäre, die mit dieser Eigenschaft Schadstoffe wie Kohlenmonoxid und Treibhausgase wie Methan abbaut. Darüber hinaus sind BVOC Vorläufer für sekundäre organische Aerosole, die das Strahlungsbudget der Erde beeinflussen.

Viele BVOC wie α-Pinen sind chiral. Das bedeutet, dass sie - vergleichbar mit rechter und linker Hand - in zwei nicht überlagerbaren Spiegelbildformen vorkommen. Wissenschaftler sprechen von Enantiomeren bzw. einer Plus- und einer Minus-Form. Alle anderen physikalische Eigenschaften wie ihr Siedepunkt, ihre Masse und ihre Abbaurate sind jedoch identisch.

Obwohl Insekten und Pflanzen zwischen Plus- zu Minus-Form zum Beispiel bei Pheromonen und Pflanzenabwehrstoffe unterscheiden können, maß man dem Mischungsverhältnis der beiden Formen in Wäldern bisher wenig Bedeutung bei. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Chemie, der Johannes Gutenberg-Univerität Mainz und aus Brasilien haben nun jedoch eine interessante Entdeckung gemacht: Entlang des 325-Meter hohen Messturms ATTO im Amazonas-Regenwald konnten sie zeigen, dass das vertikale Verhältnis der Enatiomere um den Faktor zehn variiert. Das Team um die Max-Planck-Forscherin Nora Zannoni konnte zudem nachweisen, dass die Konzentrationen höhenabhängig sind und im Tagesverlauf sowie im Wechsel von Trocken- zu Regenzeit variieren.

Während plus α-Pinen zu allen Tageszeiten auf 40 Metern und nachts auf 80 Metern dominiert, überwiegt die Minusform tagsüber ab 80 Metern und höher. Die Wissenschaftler beobachteten auch, dass die minus α-Pinen-Konzentration in 80 Metern temperaturabhängt ist, die plus α-Pinen-Menge jedoch nicht. "Die Fotosyntheserate der Vegetation hängt von der Temperatur und den Spaltöffnungen der Blätter ab. Beide treiben die Emissionen von minus α-Pinen an. Das bedeutet, dass die Blätter die Hauptemissionsquelle dieses Isomers sind und dass die beiden Isomere auf unterschiedlichen Wegen aus den Blättern freigesetzt werden", sagt Zannoni, Erstautorin einer Studie, die vor Kurzem im Fachmagazin "Communications Earth & Environment" erschienen ist.

Termiten als unbekannte Quelle von plus α-Pinen in den Baumkronen?

Während der Trockenzeit kehrte sich das chirale Verhältnis der beiden Formen bei 80 Metern um. "Dies deutet auf eine starke, nicht charakterisierte Quelle von plus α-Pinen in den Baumkronen hin", sagt Jonathan Williams, wissenschaftlicher Gruppenleiter am Max-Planck-Institut in Mainz und Letztautor der Studie.

Die Forscher konnten atmosphärische Senken wie den chiral-selektiven Abbau von Pinen durch OH-Radikale und Ozon oder die Ablagerung auf Aerosolen sowie den Einfluss von Windrichtung und Sonnenlicht ausschließen. Daher vermuten sie, dass Stress wie Pflanzenfraß und Emissionen von Termiten für die höheren Werte von plus α-Pinen verantwortlich sind.

Um den möglichen Einfluss von Insekten zu testen, führten die Forscher zusätzlich Messungen über Termitennestern durch. Die Untersuchungen bestätigten, dass die Emissionen der Termiten das chirale Mengenverhältnis von α-Pinen in der Umgebungsluft umkehren können. Für die Forscher steht fest, dass der Einfluss von Termiten in Modellen, die die Waldemissionen und die chemischen Signalwege abbilden, berücksichtigt werden muss. Denn mit fortschreitender Entwaldung und Klimaerwärmung werden Termitenpopulationen voraussichtlich erheblich zunehmen.

"Wir wissen auch, dass Pflanzen bei Verletzung und Fraß große Mengen an plus α-Pinen freisetzen können", fügt Williams hinzu. So konnte man bei Messungen flüchtiger Verbindungen sogar zeigen, wann die Pflanzenfresser am aktivsten waren.

Die Atmosphärenchemiker Zannoni und Williams wollen in Simulationsmodellen nicht nur die Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen aus den Baumkronen überdenken. Man müsse vielmehr auch das gesamte Ökosystem berücksichtigen.

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Quelle: Max-Planck-Institut für Chemie (MPIC)