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29.06.2024

10.03.2020

Neue Erkenntnisse über verborgene geochemische Vorgänge im Erdinneren

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Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung von Geologen der Freien Universität Berlin ging der Frage nach, wie die Wechselwirkung von Hydro- und Biosphäre auf den Meeresboden die globalen Stoffkreisläufe beeinflusst. Dazu untersuchten sie anhand von Gesteinsproben die chemische Zusammensetzung der äußeren Erdschicht des Ozeanbodens, die ozeanische Erdkruste.

Die umfangreiche Forschungsarbeit zeigt unter anderem auf, wie der "tiefe Erdkreislauf" des Elements Schwefel durch ein Wechselspiel von Prozessen am Meeresgrund, in der Erdkruste sowie im äußeren Erdmantel gesteuert wird. Die Ergebnisse der Studie wurden im renommierten Wissenschaftsjournal Nature Communications veröffentlicht.

Globale geochemische Kreisläufe - beispielsweise des Wassers oder von Elementen wie Kohlenstoff und Schwefel - bestehen aus einer Vielzahl wechselseitiger biologischer, geologischer und chemischer Vorgänge. Einige dieser Prozesse spielen sich auch am Meeresboden ab, entlang auseinanderdriftender Erdplatten (am Mittelozeanischen Rücken). Durch die Bewegung der Lithosphärenplatten im Zusammenhang mit der Plattentektonik wird im Laufe der Zeit die vom Meerwasser alterierte ozeanische Erdkruste unter die kontinentale Kruste gedrückt; dieser Prozess heißt Subduktion.

Zur Erforschung der chemischen Kreisläufe, vor allem des Schwefelkreislaufs, haben Geologen der Freien Universität Berlin Gesteine aus China analysiert. Die Gesteinsproben stammen von einer ehemaligen ozeanischen Erdplatte, die vor Jahrmillionen zunächst bis in eine Tiefe von etwa 80 km subduziert worden war. Anschließend wurde sie durch Gebirgsbildungsprozesse wieder an die Erdoberfläche emporgehoben. Ihr Gestein kann für die Wissenschaft als ein uraltes Archiv dienen. Es gibt Aufschluss darüber, welche geochemischen Vorgänge bei der Versenkung der ozeanischen Platte in das Erdinnere abliefen.

Die Forschenden gingen davon aus, dass sich am Mittelozeanischen Rücken durch die hydrothermale Zirkulation des Meerwassers zahlreiche im Wasser gelöste Elemente im Gestein der äußeren Erdkruste anreichern, darunter auch Schwefel. Hierbei spielen unter anderem sulfatreduzierende Bakterien eine entscheidende Rolle. Durch die Subduktion dieser Gesteine in das Erdinnere werden also auch größere Mengen Schwefel mit der Zeit in den Erdmantel versenkt.

Während der Versenkung setzen sich einige der im Gestein gespeicherten Stoffe als Fluide frei, unter anderem Wasser und darin gelöster Schwefel. Diese Fluide führen - gemäß bisheriger wissenschaftlicher Erkenntnisse - häufig zur Bildung von Vulkanen und schwefelreichen Erzlagerstätten oberhalb der ozeanischen Subduktionszonen.

Das Ziel des Forschungsteams war es, diese angenommenen Zusammenhänge durch detaillierte petrologische und geochemische Untersuchungen an den chinesischen Gesteinsproben zu überprüfen. Zudem sollte bilanziert werden, wie viel Schwefel mit dem Fluid freigesetzt oder in das tiefere Erdinnere transportiert wurde.

Die Wissenschaftler konnten durch ihre Beobachtungen aufzeigen, dass ein Großteil des in der versinkenden Platte gebundenen Schwefels nicht mit einem Fluid freigesetzt wurde. Stattdessen müsste er sich weiterhin im heißen Erdmantel tief im Erdinneren befinden. Folgerichtig müsste sich zugleich auch die isotopische und chemische Zusammensetzung des Erdmantels im Verlauf der Erdgeschichte durch die Anreicherung von Schwefel verändert haben - und weiterhin verändern.

Außerdem deuten die Ergebnisse der Studie darauf hin, dass der in den Fluiden gelöste Schwefel nicht direkt mit den Sulfidablagerungen in vulkanischen Gesteinen verknüpft werden kann. Damit hätte der Schwefel aus Subduktionszonenfluiden nur eine geringe Bedeutung für die Entstehung großer, ökonomisch wichtiger Sulfidlagerstätten. Andere, noch unbekannte Vorgänge im Erdinneren seien dem Forschungsteam zufolge verantwortlich für diese Sulfidlagerstätten und für den hohen Schwefelgehalt der Vulkane oberhalb ozeanischer Subduktionszonen.

» Originalpublikation

Quelle: Freie Universität Berlin