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02.07.2024

16.12.2016

Mit D-Tryptophan allergische Atemwegserkrankungen lindern

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Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München haben zusammen mit Kollegen des Leibniz Zentrums in Borstel herausgefunden, dass das rechts drehende D-Tryptophan probiotische Eigenschaften besitzt und das Immunsystem stimuliert. Diese D-Aminosäure wird von Bakterien gebildet und könnte deren Effekt gegen Asthma erklären.

Fünf Prozent aller Erwachsenen und sieben bis zehn Prozent aller Kinder leiden an Asthma bronchiale, Tendenz steigend. Wissenschaftler sprechen von einer multifaktoriellen Erkrankung. Sie haben unter anderem die genetische Disposition, den Lebensstil sowie Umwelteinflüsse, die insbesondere in kritischen frühen Lebensfenstern wirksam werden, als relevante Faktoren identifiziert. Da die Krankheit zwar behandelbar, jedoch nicht heilbar ist, ist die Entwicklung neuer Präventions- und Therapiemöglichkeiten dringend erforderlich. Der Einsatz bakterieller Produkte stellt hierfür einen neuartigen Ansatz dar. "Man weiß heute, dass sich mit der Krankheit auch das Mikrobiom der betroffenen Organe ändert, die genauen Mechanismen sind allerdings noch wenig erforscht", erklärt Prof. Dr. Michael Schloter. Er leitet die Abteilung Umweltgenomik am Helmholtz Zentrum München. Veränderungen am Mikrobiom führen zu einer Verschlimmerung des Krankheitsbildes. "Daher sind Substanzen, die helfen, unser Mikrobiom wieder zu stabilisieren, von großer Bedeutung, gerade auch im Hinblick auf eine personalisierte Medizin.", ergänzt Schloter.

Spiegelbildisomer von Tryptophan im Focus

Wissenschaftler des HMGU haben mehrere probiotische Bakterienstämme auf Ihre immunmodulatorischen Eigenschaften untersucht. Die Entdeckung des D-Tryptophan als immunologisch aktive Substanz einiger Gram-positiver Bakterien der Gattung Lactobacillus wurden zunächst im Projektverbund "Signalmoleküle in mikrobiellen Biofilmen" unter Federführung von Prof. Dr. Susanne Krauss-Etschmann (früher Comprehensive Pneumology Center, heute Leibniz-Zentrum Borstel), Prof. Dr. Anton Hartmann (früherer Leiter der Abteilung Mikroben Pflanzen Interaktionen, HMGU) und Prof. Dr. Philippe Schmitt-Kopplin (Leiter der Abteilung Analytische Biogeochemie, HMGU) gemacht. Der erfolgreiche Verbund wurde von Prof. Michael Schloter (EGEN, Abteilung für Umweltgenomik), Dr. Caspar Ohnmacht (ZAUM - Zentrum Allergie und Umwelt / TUM), und weiteren Kollegen fortgeführt und die Wirkung von D-Tryptophan auf Mikrobiome im Tiermodell untersucht.

"Die Entdeckung des seltenen D-Enantiomers von Tryptophan als aktives Molekül war zuerst überraschend, da bekannt ist, dass nur L-Aminosäuren und D-Zucker die Grundbausteine des Leben bilden", erklärt Prof. Schmitt-Kopplin. "D-Aminosäuren sind viel seltener als ihre L-Form, erfüllen aber eine wesentliche biologische Funktion in Gram positiven Bakterien und sind besonders in fermentierten Lebensmitteln vorhanden. Nur in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Chemikern, Medizinern und Biologen konnte die rechtsdrehende D-Form dieser Aminosäure und eine ihrer biologischen Funktionen identifiziert werden", ergänzt Schmitt-Kopplin. Das interdisziplinäre Team konnte nachweisen, dass dieser neue Metabolit im Asthma-Mausmodell die Zahl an regulatorischen T-Zellen erhöhte. Gleichzeitig wurde die Th2-Antwort verringert und die Entzündung und Funktionsfähigkeit der Lunge der Tiere verbesserte sich. Das bedeutet, der Asthma-Schweregrad ging zurück. Die Autoren um Krauss-Etschmann vermuten, dass diese Veränderungen auch mit einer Verschiebung des Mikrobioms von Darm und Lunge zu tun haben, die durch D-Tryptophan ausgelöst wird.

Das Mikrobiom gezielt verändern

In weiteren Experimenten soll untersucht werden, wie nachhaltig Veränderungen des Mikrobioms, die durch Spiegelbildisomere von Aminosäuren entstehen, tatsächlich sind. Darüber hinaus interessieren sich die Forscher für die Frage, welche Wirkmechanismen ablaufen und wie D-Tryptophan die Wirtszellen verändert. "Vielleicht lassen sich auf Basis der Substanz dieser Substanzen neue Präventions- oder Therapieformen bei allergischen Atemwegserkrankungen ableiten", hoffen die Autoren.

» Originalpublikation

Quelle: Helmholtz-Zentrum München (HZM)