15.10.2015
Mit Bakterien Strom aus Abwasser erzeugen
Mit ein paar Tricks lassen sich Bakterien im Abwasser als Energieerzeuger nutzen: Manche Mikroorganismen sind nämlich in der Lage, Elektronen von den organischen Bestandteilen des Abwassers auf die Anode einer mikrobiellen Brennstoffzelle zu übertragen. Von dort aus wandern die Elektronen weiter zur Kathode und es fließt elektrischer Strom. Besonders effizient läuft das Ganze ab, wenn die Anode gleichzeitig als Filter dient, der die Keime aus dem Wasser entfernt.
Eine solche optimierte mikrobielle Brennstoffzelle entwickelt Joana Danzer vom Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg in ihrer Doktorarbeit. Dieses Konzept stellte sie auf der internationalen Tagung "International Society for Microbial Electrochemistry and Technology (ISMET)" in Tempe/Arizona vor. Die junge Ingenieurin erhielt den "ISMET abstract award", der die Teilnahme und die Übernahme der Gebühren für die Registrierung und die Übernachtung am Tagungsort umfasst.
Auf die Idee, das Anodenmaterial einer mikrobiellen Brennstoffzelle gleichzeitig als Bakterienfilter zu nutzen, kam Joana Danzer 2012 gemeinsam mit ihrem Betreuer Dr. Sven Kerzenmacher. "Dies macht die Bakterienfiltration, die in immer mehr moderne Kläranlagen zum Einsatz kommt, weniger energieintensiv", weist Danzer auf den entscheidenden Vorteil der Innovation hin. "Indem man einen Teil der zur Abwasserbehandlung benötigten Energie während der Filtration mit derselben Struktur gewinnt, schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe." Finanziert werden die Forschungsarbeiten der Freiburger Wissenschaftler durch die Baden-Württemberg Stiftung im Rahmen des Programms Umwelttechnologieforschung. Zusammen mit der Universität Freiburg hat die Stiftung das Konzept im Jahr 2013 zum Patent angemeldet und ein Jahr später für Deutschland bereits die entsprechenden Schutzrechte erhalten.
Ebenfalls im Jahr 2014 ist den Wissenschaftlern der Nachweis gelungen, dass das Verfahren im 5 Liter-Maßstab funktioniert. Sie testeten das Konzept mit synthetischem Kulturmedium, dem Bodenbakterium Geobacter sulfurreducens und einer Anode aus porösem Edelstahl. Im Vergleich zu einer herkömmlichen, biofilmbasierten Brennstoffzelle konnten sie den Stromfluss an der filtrationsaktiven Anode um das 3,6fache steigern.
Im nächsten Schritt optimieren die Wissenschaftler nun ihre Innovation für die Anwendung mit echtem Abwasser. Da die Brennstoffzelle mit einer Anode aus porösem Edelstahl für eine kommerzielle Nutzung zu teuer wäre, testen sie parallel verschiedene alternative Materialien mit dem Ziel, eine wirtschaftlich tragfähige Anode zu entwickeln. Als Einsatzorte für die filtrationsaktive mikrobielle Brennstoffzelle kämen dann vor allem Kläranlagen von Industriebetrieben oder auch Kreuzfahrtschiffen infrage, die eine eigene Abwasseraufbereitung durchführen.
Für ihre Arbeiten ist Joana Danzer im Oktober 2014 bereits mit dem f-Cell Award in der Kategorie "Science" ausgezeichnet worden, den das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH jedes Jahr ausschreibt.
Die Einladung, das Projekt auf der ISMET-Tagung vorzustellen, bedeutet für Danzer eine weitere Honorierung ihrer Forschungsbemühungen: "Ich freue mich sehr, dass die Idee sowohl in der Welt herkömmlicher Brennstoffzellen als auch im Bereich der Bioelektrochemie Anklang findet. Damit erhöhen sich die Chancen, dass auch andere Forscher an dem Thema weiterarbeiten und dass es uns schneller gelingt, die Technologie aus dem Labor in die Anwendung zu bringen."
Quelle: Universität Freiburg