Analytik NEWS
Das Online-Labormagazin
04.07.2024

14.11.2011

Grundlegende Erkenntnisse zum Diffusionsverhalten einzelner Moleküle

Teilen:


Wissenschaftler der Universitäten Leipzig und München haben erstmals das Diffusionsverhalten einzelner Moleküle und von Molekülensembles in ein und demselben System beobachtet und damit ein grundlegendes naturwissenschaftliches Prinzip - das Ergodentheorem - experimentell nachgewiesen. Diffusion ist die allgegenwärtige unregelmäßige Bewegung von Atomen und Molekülen. Sie ist Voraussetzung für das Bestehen lebender Organismen und Grundlage vielfältiger Technologien zur Produktveredlung, angefangen bei der Fertigung opto-elektronischer Bauelemente bis hin zur umweltverträglichen Herstellung hochwertiger Kraftstoffe.

Das Ergodentheorem ist eines der wichtigsten Prinzipien der Statistischen Mechanik, also der "Theorie der Wärme". Es besagt, dass ein einzelnes Teilchen eines Systems nacheinander all die "chaotischen" Bewegungen ausführt, die im Gesamtsystem ("Ensemble") von allen Teilchen gleichzeitig ausgeführt werden, also vom Verhalten des Einzelteilchens auf das gesamte System und, umgekehrt, vom gesamten System auf das Einzelteilchen geschlossen werden kann. Den Arbeitsgruppen um Prof. Dr. Jörg Kärger und Dr. Rustem Valiullin von der Universität Leipzig sowie von Prof. Dr. Christoph Bräuchle von der Ludwig-Maximilians-Universität München ist nun erstmalig der experimentelle Beleg hierfür gelungen. Ihre Resultate haben sie kürzlich in einem gemeinsamen Artikel in der Online-Ausgabe der renommierten deutschen Fachzeitschrift "Angewandte Chemie - International Edition" veröffentlicht.

Die neuen, bahnbrechenden Erkenntnisse sind das Ergebnis einer fünfjährigen Zusammenarbeit zweier führender Gruppen auf den jeweiligen Gebieten, nämlich der Einzelmolekül-Beobachtung um Bräuchle in München und der Ensemble-Messung mit der Methode der gepulsten Feldgradienten der Kernmagnetischen Resonanz (NMR) um Kärger und Valiullin in Leipzig. Wie Kärger erläuterte, wurde in dieser Zusammenarbeit ein aus der Natur der jeweiligen Messtechniken resultierendes Problem gelöst, dass nämlich Einzelmoleküle idealerweise bei niedrigen Konzentrationen und geringen Beweglichkeiten beobachtet werden, während NMR-Messungen mit Molekülensembles das genaue Gegenteil erfordern. Der Nachweis des Ergodentheorems bedeutet einen Durchbruch in der fast zweihundertjährigen Geschichte der Diffusionsmessungen. Eine besondere Herausforderung, so Bräuchle, stellen nun vergleichende Einzelmolekül- und Ensemble-Messungen unter Bedingungen dar - wie z.B. in biologische Zellen, wo das Ergodentheorem nicht uneingeschränkt anwendbar ist.

» Originalpublikation

Quelle: idw / Universität Leipzig