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Analytik NEWS
Das Online-Labormagazin
05.12.2024

11.01.2024

Transmission mit einer Digitalkamera messen

Dr. Bernd Neumann


Um die Lichtdurchlässigkeit bzw. den Transmissionsgrad von transparenten (klaren) oder auch transluzenten (trüben) Materialien wie z.B. Folien oder Gläser zu bestimmen, werden in der Regel optische Geräte wie UV/VIS-Spektrometer verwendet.

Hierbei wird die zu messende Probe einem Lichtstrahl ausgesetzt, der diese durchdringt. Der Lichtstrahl, der die Probe passiert hat, trifft mehr oder weniger abgeschwächt auf den Detektor des Spektrometers (Abbildung 1).

Aus dem Verhältnis der die Probe durchdringenden Intensität IT zu dem der eingestrahlten I0, ergibt sich die Transmission

T = IT/I0

als Relativgröße mit Werten von 0-1 oder in Prozentzahlen von 0-100%.

Schema Transmissionsmessung Spektrometer
Abb.1: Schemazeichnung zur Transmissions-
messung mit einem Spektrometer
Wird zur Bestimmung der Transmission ein Spektrometer verwendet, dann wird das Licht mit Hilfe eines dispersiven Elements (z.B. ein Prisma oder Gitter) in die einzelnen Wellenlängen zerlegt und somit für jede Wellenlänge ein Transmissionsgrad erhalten. Im Ergebnis wird eine Kurve erzeugt, die eine Verteilung der relativen Lichtintensität als Funktion der Wellenlänge darstellt - ein Transmissionsspektrum, wie z.B. in Abbildung 2 dargestellt.

Im Prinzip kann auch eine Digitalkamera die Lichtdurchlässigkeit transparenter bzw. transluzenter Materialien messen. Allerdings verfügt die Kamera nicht über ein dispersives Element, deshalb wird eine mittlere Durchlässigkeit im sichtbaren Wellenlängenbereich des Lichts von ca. 400-700 nm erhalten. Dieser Bereich wird durch einen vor dem Bildsensor verbauten Sperrfilter bedingt, der sowohl den UV-Anteil unterhalb von 400 nm als auch den NIR-Anteil oberhalb von ca. 700 nm blockiert [1]. Abbildung 2 zeigt ein typisches Transmissionsspektrum eines Sperrfilters.

Gleichung 3
Abb.2: Transmissionsspektrum eines
typischen Sperrfilters [1]
Im Folgenden wird beschrieben, wie mit Hilfe einer Digitalkamera die Transmission verschiedener transparenter und transluzenter Materialien bestimmt werden kann. Zum Einsatz kamen eine 3 mm starke Glasplatte (transparent), ein Deckel aus Kunststoff (transluzent), eine geschäumte Verpackungsfolie aus Kunststoff (transluzent), ein Diffusor (Eigenbau) bestehend aus einer Lage Butterbrotpapier (transluzent) und zwei transparenten Kunststoff-Folien zur Fixierung in einer Schraubfassung sowie ein kommerzieller transparenter Graufilter ND 0.9 (Abbildung 4).

Digitalkameras sind weit verbreitet und - abhängig von deren Ausführung - meist deutlich preiswerter als UV/VIS-Spektralfotometer für analytische Anwendungen. Von daher bieten sich diese Kameras als didaktisch wertvolle Hilfsmittel für den Schulunterricht oder auch für Experimentalvorlesungen an Hochschulen an, um elementare Grundkenntnisse der optischen Spektroskopie zu vermitteln.

Gleichung 3
Abb.3: Schemazeichnung zur Transmissions-
messung mit einer Digitalkamera.
Messung mit der Digitalkamera

Die verwendete Digitalkamera wurde im manuellen Modus betrieben. Hierzu wurde jeweils eine feste Verschlusszeit gewählt und eine ISO-Einstellung von 200. Die Blendenzahl wurde ebenfalls manuell auf einen festen Wert innerhalb einer Messreihe eingestellt. Als Belichtungsmessung wurde die mittenbetonte Integralmessung gewählt.

Um direkt Helligkeitswerte zu erhalten, wurde eine schwarz-weiß Filmsimulation eingestellt. Für die Messungen wurde die Kamera fest auf einem Stativ fixiert und auf einen bewölkten Himmelsausschnitt gerichtet, um eine möglichst "weiße Lichtquelle" zu erhalten. Als Weißabgleich wurde die Einstellung bewölkt gewählt. Der Ausschnitt wurde fotografiert und im Anschluss daran durch eine vor das Objektiv gehaltene bzw. geschraubte Probe (Abbildung 3) erneut fotografiert.

Hierbei wurde beachtet, dass die jeweilige Blendeneinstellung so erfolgte, dass ohne Probe ein Wert unterhalb der Sättigung von 255 - dem Maximalwert des jeweiligen Farbkanals - erhalten wurde. Da die Helligkeitswerte des Himmels nicht immer als konstant erwartet werden können, wurde vor jeder Messung mit Probe zunächst eine ohne Probe durchgeführt, um eine aktuelle Referenz zu erhalten.

Die Abbildungen 4 a-e zeigen die untersuchten Proben.

Transmissionsspektrum Sperrfilter
Abb.4a-e: 3 mm Glasplatte, Deckel aus Kunststoff, Folie aus Kunststoff, Diffusor aus Butterbrotpapier, Graufilter ND 0.9

Zur Auswertung der Bilddaten wurde eine kostenlose Software verwendet, die die gemittelten Helligkeitswerte (Grauwerte) des jeweiligen Bildes in Werten von 0 (schwarz) bis 255 (weiß) anzeigt. Das Foto ohne Probe liefert dann einen Grauwert (GW) der primären Lichtquelle und das Foto mit Probe einen Grauwert der durchgelassenen Intensität. Diese Grauwerte müssen jedoch für die weitere Auswertung noch linearisiert werden. Zunächst wurden die Werte auf 255 normiert (GWnorm. = GW/255), da die Anwendung von Gleichung 1 einen Wertebereich von 0 bis 1 vorsieht [2]. Die Linearisierung erfolgte wie ebenfalls in [2] beschrieben:

Schema Transmissionsmessung Digitalkamera

Die Transmission errechnet sich zu:

untersuchte Proben

Mit
T: mittlerer Transmissionsgrad in %
I0: Intensität der Lichtquelle
IT: Intensität der Lichtquelle nach Passage durch ein transparentes oder transluzentes Medium

Nach Gleichung 2 erhält man einen integralen Transmissionsgrad, gemittelt über einen Wellenlängenbereich von ca. 400-700 nm.

Abbildung 5 zeigt ein hellgraues, nahezu weißes Bild der primären Lichtquelle bei einer Blendeneinstellung von F7.1 sowie das zugehörige Histogramm mit einem gemitteltem Grauwert von 253,14.

Gleichung 1
Abb.5: Foto auf den Himmel mit Blendenzahl F7.1 und entsprechendem Histogramm

Abbildung 6 verdeutlicht die Situation mit aufgeschraubtem Diffusor bei gleicher Blendeneinstellung wie zuvor. Der gemittelte Grauwert ist deutlich abgeschwächt und liegt nun bei 148,44.

Gleichung 2
Abb.6: Foto mit Diffusor mit Blendenzahl F7.1 und entsprechendem Histogramm

Die Blendenzahlen wurden für alle Proben variiert von F5.6, F6.4, F7.1, F8, F9, F10, F13, F14 bis F16. Als Belichtungszeiten wurden 1/125 s, 1/60 s und 1/30 s gewählt. Die ermittelten Transmissionsgrade sind in Abbildung 7 sowie in Tabelle 1 zusammengefasst.

Foto auf den Himmel und Histogramm
Abb.7: Transmissionswerte verschiedener Materialien ermittelt mit einer Digitalkamera
Tab.1: Mittlere Transmissionsgrade und Messfehler der verschiedenen Proben, die mit einer Digitalkamera bestimmt wurden

Bereits während der Aufnahmen der einzelnen Proben waren Unterschiede im jeweiligen Transmissionsgrad erkennbar. Dies zeigte sich im jeweiligen Histogramm auf dem Display der Kamera, das mit abnehmender Transmission zunehmend nach links, also zu kleinen Grauwerten rutschte. Zudem ließen sich die Unterschiede auch auf der Skala zur Belichtungskorrektur ablesen, die ebenfalls auf dem Display der Kamera angezeigt werden. Die Skala reicht von +3 EV bis -3 EV. EV ist hierbei der Exposure Value und drückt den Lichtwert aus, der vom Idealwert ± 0 EV abweicht. Dieser Wert entspricht einem mittleren Grauwert von 18% Transmission (bzw. Reflexion), auf den der Belichtungsmesser der Kamera eingestellt ist. Der Eigenbau-Diffusor liegt um ± 0 EV und entspricht daher im Rahmen der Messunsicherheit des Belichtungsmessers der Kamera einem mittleren Grau, auch wenn er nicht exakt bei 18% liegt.

Vergleich mit einem Spektrometer

Schema Transmissionsmessung Integrationskugel
Abb.8: Schemazeichnung einer Transmissions-
messung mit Integrationskugel
Bei flexiblen Materialien, gekrümmten oder verkratzten Oberflächen wird am besten eine Integrationskugel mit dem Spektrometer kombiniert, um Fehlmessungen zu minimieren. Hierbei wird das zu messende Medium vor die Kugelöffnung gespannt und dem Licht des Spektrometers ausgesetzt. Dieses durchdringt das Medium und gelangt mehr oder weniger abgeschwächt in den Kugelinnenraum, wird dort allseitig von der Kugelwandung reflektiert und vom darin befindlichen Detektor registriert (Abbildung 8).

Zur Bestimmung der Transmission einer 3 mm-starken Glasplatte wurde ein hochwertiges Spektrometer in Kombination mit einer Integrationskugel verwendet. Die Glasplatte wurde plan vor die Eintrittsöffnung der Kugel gespannt und der rückseitige Reflexionsport der Kugel mit einem Weißstandard verschlossen. Gemessen wurde im Wellenlängenbereich von 300-800 nm, ausgewertet wurde der Bereich von 400-700 nm.

Gleichung 3

Mit
T: mittlerer Transmissionsgrad
I0: Intensität der Lichtquelle
IT: Intensität der Lichtquelle nach Passage durch ein transparentes Medium (hier: Glasplatte)
λ: Wellenlänge

Transmissionskurve und Vergleich
Abb.9: Transmissionskurve einer 3 mm-starken Glasplatte gemessen mit einem Spektrometer in Kombination mit einer Integrationskugel
Tab.2: Vergleich der mittleren Transmissionsgrade im Bereich von 400-700 nm
*) Der Fehler von 1% resultiert aus der Mittelwertbildung, die die Abweichungen der leicht gekrümmten Kurve von einer konstanten horizontalen Linie darstellen.

Der mit Hilfe einer Digitalkamera bestimmte Transmissionsgrad liegt ca. 7% (absolut) über dem des mit einem kalibrierten Spektrometer gemessenen Werts. Der ND 0.9-Filter besitzt nominell eine Transmission von

T = 100% x 10-0,9 = 12,5%,

die sich aus der optischen Dichte errechnet. Für ND 0.9 beträgt diese 0,9. Mit der Digitalkamera wurde ein Wert von T = (17 ± 5) % ermittelt. Hierzu muss gesagt werden, dass viele ND-Filter nicht exakt ihrem nominellen Wert entsprechen. Die Größenordnung des mit der Kamera erhaltenen Transmissionswerts stimmt jedoch gut mit dem nominellen überein. Mit dem Spektrometer in Verbindung mit einer Integrationskugel wurde ein Wert von

T = (11 ± 1) %

für den ND 0.9-Filter gemessen.

Fazit

Es konnte gezeigt werden, dass mit Hilfe einer Digitalkamera mittlere Transmissionsgrade sowohl transparenter als auch transluzenter Materialien im sichtbaren Wellenlängenbereich von ca. 400-700 nm bestimmt werden können. Im Vergleich zu Messungen mit einem hochwertigen Spektrometer, kombiniert mit Integrationskugel, müssen jedoch Einbußen in der Genauigkeit der Transmissionswerte in Kauf genommen werden.

Literatur

  1. B. Neumann, Analytik NEWS, 2022
  2. RGB Standard


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