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09.11.2024

13.12.2012

Studie: Allgegenwärtige UV-Filter in Kosmetika sind problematisch für die Umwelt

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Sonnencrème enthält UV-Filter, also chemische Substanzen, die unsere Haut vor der ultravioletten Strahlung (UV) der Sonne schützen. Weniger bekannt ist, dass diese Substanzen auch in einer ganzen Reihe von Produkten enthalten sind, die man nicht nur beim Sonnenbaden und Skifahren, sondern tagtäglich auf ihrer Haut verwenden: in Lippenstiften, Gesichts- und Handcrèmes, Makeup und Aftershave.

Verwenden wir, wenn wir mehrere Produkte mit UV-Filtern regelmäßig anwenden, möglicherweise gar zu viel davon? Um diese Frage zu beantworten, hat ETH-Doktorandin Eva Manová aus der Gruppe von Konrad Hungerbühler, Professor für Sicherheits- und Umwelttechnologie in der Chemie, in einer repräsentativen Umfrage erfasst, wie oft Schweizer UV-Filter enthaltende Produkte verwenden.

Zudem hat sie 116 dieser Produkte in Zusammenarbeit mit dem Kantonalen Laboratorium Basel-Stadt chemisch analysiert, um die Stoffkonzentrationen zu ermitteln. Dies war nötig, weil die Hersteller von Kosmetika zwar auf der Verpackung die Inhaltsstoffe deklarieren müssen, nicht jedoch deren Konzentration. Aus der Auswertung von Manovás Daten geht hervor: Viele der untersuchten Produkte enthalten mehrere UV-Filter in oft ähnlich hohen Konzentrationen wie Sonnencrèmes.

UV-Filter wegen transparenter Gefäße

Der Verwendungszweck dieser UV-Filter ist vielfältig. In manchen Produkten dient er dem Schutz der Haut, wie beispielsweise in solchen, die als Mittel gegen Hautalterung beworben werden. In anderen Fällen soll der UV-Filter jedoch das Produkt vor lichtbedingtem Zerfall schützen. Vor allem in Kosmetika in durchsichtigen Gefäßen sind deswegen oft UV-Filter enthalten.

Manová hat zudem Hinweise darauf, dass heute in der Schweiz insgesamt deutlich mehr UV-Filter als noch vor zehn Jahren gebraucht werden. "Vergleicht man unsere Befragung mit einer, die vor zehn Jahren stattgefunden hat, sieht man beispielsweise, dass Sonnencrème mit einem hohen Schutzfaktor heute vier- bis fünfmal häufiger verwendet wird", sagt sie. Dies sei wahrscheinlich eine Folge von Hautkrebs-Aufklärungskampagnen.

Bewusst anwenden

Mit ihrer Arbeit möchte Manová auch die Erkenntnis der Konsumenten schärfen, Produkte mit UV-Filtern bewusster zu verwenden: "Ich denke, es gibt Leute, die ihren Körper zu hohen Konzentrationen an UV-Filtern aussetzen, ohne sich dessen bewusst zu sein."

Ein guter Schutz beim Sonnenbaden sei zwar zweifellos wichtig, sagt Manová. Denn damit könne Hautkrebs vorgebeugt werden. Doch einige der UV-Filter stünden im Verdacht, negative Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt zu haben. Würden diese in zu hohen Konzentrationen verwendet oder zu einem Zeitpunkt, in dem man sich gar keiner UV-Strahlung aussetze, könnten die negativen Aspekte gar überwiegen. "Viele Konsumenten wissen beispielsweise nicht, dass UV-Filter selbst in gewissen Nachtcrèmes enthalten sind", sagt Manová. Sie hält es für unnötig, Produkte, die ausschließlich in der Nacht verwendet werden, mit einem Sonnenschutzfilter zu versehen.

Hormonaktiver Stoff

Ein Beispiel für einen kontrovers diskutierten UV-Filter ist Ethylhexylmethoxycinnamat (EHMC). Diese Substanz steht im Verdacht, die Haut durchdringen zu können und im Körper hormonaktiv zu wirken. Auch gibt es wissenschaftliche Studien, die einen negativen Effekt dieses Stoffs auf Wasserorganismen aufzeigen. Und schließlich wird die Verwendung von EHMC kritisiert, weil die Substanz die UV-Schutzfunktion bei Tageslicht schnell verliert. EHMC wird zwar seit einigen Jahren nur noch in wenigen Sonnencrèmes verwendet, jedoch weiterhin häufig in Lippenstiften, Gesichts- und Handcrèmes, Makeup und Aftershave.

Nicht als Pharmazeutika getestet

Nicht alle UV-Filter sind so umstritten wie EHMC. "Neuentwickelte UV-Filter sind für die Gesundheit oft weniger bedenklich als die alten", sagt Manová. Denn die neuen UV-Filter-Moleküle seien meist größer und würden tendenziell weniger stark von der Haut aufgenommen. Doch bei vielen UV-Filtern gebe es nur ungenügende humantoxikologische Untersuchungen. Ein Grund für die schlechte Datenlage dürfte darin liegen, dass UV-Filter in der Schweiz und in der EU - anders als in den USA beispielsweise - nicht als pharmazeutische Wirkstoffe gelten und daher im Rahmen der Zulassung nicht so ausführlich untersucht werden müssen wie Medikamente.

Mit den Verwendungsdaten der Produkte aus der Konsumentenbefragung und den ermittelten Konzentrationen der UV-Filter in den Produkten möchte Manová nun als Nächstes für die einzelnen Stoffe ausrechnen, wie stark ihnen die Schweizer Bevölkerung ausgesetzt ist. Sie macht dies auch im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit, das ihre Doktorarbeit finanziell unterstützt.

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Quelle: ETH Zürich