19.05.2010
Chemische 3D-Karten: Potential für Schnelltest zur Unterscheidung von fruchtbaren und unfruchtbaren Spermien
Bochumer Chemikern ist es gelungen, gesunde und beschädigte Spermien anhand ihrer spektralen, chemischen Signatur in Sekundenschnelle zu unterscheiden. Die Technik hat das Potential für einen neuartigen Fertilitätstest, der nicht nur morphologische sondern auch chemische Signaturen berücksichtigt. Wegen dieser grundsätzlichen Bedeutung wurde die Veröffentlichung als Highlight in "Chemical Biology" und als News in "Chemistry World" der Royal Society of Chemistry im Mai gewürdigt.
Die Natur hat Spermien ähnlich wie einen Rennwagen auf ihre Funktion optimiert. Sie bestehen aus verschiedenen subzellulären Organellen und enthalten u.a. Mitochondrien. Mitochondrien sind die Kraftwerke, die die Energie für die Bewegung und Motilität von Spermien liefern, ein wichtiger Faktor für die Befruchtung. Das RUB-Forscherteam konnte feststellen, dass zelluläre Schäden auf molekularer Ebene in den Mitochondrien vorhanden sein können, obwohl Änderungen in Form und Morphologie nicht nachweisbar sind. Dies unterstreicht, dass neben der Morphologie, die üblicherweise für die Charakterisierung von Spermien verwendet wird und in Richtlinien der WHO Manual for Andrology Laboratories vorgegeben ist, nun auch chemische Signaturen zur Charakterisierung aufgenommen werden sollten.
Das Forscherteam konnte ohne zusätzliche Markierung dreidimensionale, hochaufgelöste chemische Karten erstellen. Dabei nutzt die verwendete Raman-Mikroskopie die charakteristischen Schwingungen der einzelnen Moleküle, um so einen Fingerabdruck der einzelnen zellulären Komponenten zu erhalten. Zusammengesetzt zu einer chemischen Landkarte werden damit Organellen von Spermien visualisiert. Zusätzlich zur optischen Bildinformation wird erstmals die chemische Zusammensetzung von Spermien direkt abgebildet.
Diese Entdeckung könnte dazu führen, dass Standards zur Bestimmung von gesunden und geschädigten Spermien in Zukunft um objektive chemische Marker ergänzt werden, was insbesondere aufgrund der in den letzten 50 Jahren in Durchschnitt weltweit dramatisch gesunkenen Spermienzahl und -beweglichkeit besondere Bedeutung zur Aufklärung der Ursachenkette haben kann. Dieser Bedeutung wurde von der Royal Society of Chemistry, der größten europäischen Gesellschaft für die Förderung der chemischen Wissenschaften, ein Highlight in der Sektion "Chemical Biology" und eine News "Chemistry World" gewidmet.
Die Entwicklung innovativer Spektroskopie- und Mikroskopie-Methoden zur hochauflösenden Abbildung von lebenden Zellen ist einer der Forschungsbereiche am Lehrstuhl für Physikalische Chemie II (Prof. Dr. Martina Havenith-Newen). Konrad Meister, Dr. Diedrich A. Schmidt und Dr. Erik Bründermann nutzten ein Raman-Mikroskop, welches im Rahmen des Projektes BMBF-05KS7PC2 durch das Bundesforschungsministerium gefördert wird.
Quelle: idw / Universität Bochum