25.09.2025
Bestimmung der Lösungsviskositäten von Polymeren und Biopolymeren
Es gibt eine Vielzahl an unterschiedlichen Methoden und Techniken, um Polymermoleküle in Lösung zu untersuchen. Die umfangreichste Charakterisierung von Polymerlösungen lässt sich sicherlich mit der Gelpermationschromatographie (GPC/SEC mit Dreifachdetektion) erreichen [1].
Allerdings ist diese Technologie sehr teuer und apparativ aufwendig, und sie erfordert einen versierten Anwender, der in der Lage ist, das GPC/SEC-System korrekt zu bedienen, und der auch die richtige Kombination an Lösungs- und Laufmittel und dafür geeignete Trennsäulen finden kann. Daher ist die GPC/SEC als Labormethode zu bezeichnen, für die Produktion ist sie aufgrund Ihrer Komplexität und den Anforderungen an den Bediener eher weniger geeignet.
In der Produktion begnügt man sich oft damit, mittels einfach zu bedienender Geräte die Lösungsviskositäten von Polymerlösungen zu bestimmen. Von besonderem Interesse ist dabei die Intrinsische Viskosität einer Polymerlösung, die mittels einer Extrapolation aus der relativ einfach messbaren Relativen Viskosität hergeleitet werden kann. Die Intrinsische Viskosität ist für die Polymerhersteller deshalb von Interesse, da zwischen der Intrinsischen Viskosität und dem Molekulargewicht der gelösten Polymere ein direkter Zusammenhang besteht, der über die Mark-Houwink Beziehung definiert ist [2].
Es muss aber beachtet werden, dass die Mark-Houwink Beziehung streng genommen nur für lineare Polymermoleküle gültig ist, da sich die Werte für Alpha (Steigung des Mark-Houwink-Plots) und log K (Achsenabschnitt des Mark-Houwink-Plots) im Fall von z. B. verzweigten Polymeren mit steigendem Molekulargewicht der Polymere verändern. Dennoch ist die Messung von Lösungsviskositäten eine sehr einfache, schnelle und zuverlässige Technik, die auch von Mitarbeitern in der Produktion nach kurzer Einweisung in die Geräte angewendet werden kann.

- Abb.1: Schematische Darstellung
Ubbelohde-Glaskapillar-Viskosimeters [6]
Messung von Lösungsviskositäten mit der Glaskapillar-Technologie

Ubbelohde-Glaskapillar-Viskosimeters [6]
Die klassische Methode zur Messung von Lösungsviskositäten ist die Glaskapillartechnologie. Meist werden sogenannte Ubbelohde-Viskosimeter zur Messung der Lösungsviskosität verwendet. Bei diesen Geräten wird die Zeit gemessen wird, die eine gelöste Polymerprobe benötigt, um eine Glaskapillare zu durchlaufen (Abbildung 1).
Aus der Messung der Durchlaufzeit der Probe ts im Vergleich zur Durchlaufzeit des reinen Lösungsmittels t0 kann die relative Viskosität der Probe ermittelt werden:
Ein Vorteil der Glaskapillargeräte besteht darin, dass sogar hochaggressive Lösungsmittel wie z. B. konzentrierte Schwefelsäure, die für die Messung der Lösungsviskositäten von Polyamiden benötigt wird, verwendet werden können. Ein Nachteil dieser Technologie besteht darin, dass die Glaskapillargeräte zwischen den Messungen immer wieder gereinigt werden müssen, was eine gewisse zeitliche Belastung bedeutet.
Wie schon in der Einleitung erwähnt, besteht über die Mark-Houwink-Gleichung ein direkter Zusammenhang zwischen der gemessenen Intrinsischen Viskosität und dem Molekulargewicht der gelösten Polymere. Die Mark-Houwink-Gleichung lautet:
IV: Intrinsische Viskosität der Polymerlösung in dl/g
Mw: Molekulargewicht der gelösten Polymere
a-Wert: Steigung der Geraden im Mark-Houwink-Plot (log IV über log Mw)
log K-Wert: Achsenabschnitt der Geraden im Mark-Houwink-Plot
Sind die Mark-Houwink Koeffizienten der gelösten Polymerprobe bekannt, dann können aus den gemessenen Intrinsischen Viskositäten der gelösten Polymerprobe deren Molekulargewichte berechnet werden. Für viele verschiedene Arten von linearen Polymeren und Biopolymeren sind die Werte für Mark-Houwink a-Werte und Mark-Houwink log k-Werte in der Literatur aufgeführt [3].
Eine sehr umfangreiche Auflistung dieser Werte wurde eine Zeit lang von der Firma American Polymer Standards auf deren Internetseite veröffentlicht [4], die aber leider nicht mehr existiert, da die Firma Ihre Geschäftstätigkeit vor einiger Zeit eingestellt hat. Bei Interesse kann diese Liste aber auf Anfrage kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.
Messung von Lösungsviskositäten mit der Forced-Flow Viscometer Technologie
Eine zu den traditionellen Glaskapillarsystemen alternative Technologie zur Messung von Lösungsviskositäten von gelösten Polymerproben wurde von der heutzutage ebenfalls nicht mehr am Markt aktiven Firma Viscotek Corp. (Houston, Texas, USA) in den 1980er Jahren entwickelt. Sie war lange Zeit unter den Begriffen "Forced-Flow Viscometer" oder auch "Dilute Solution Viscometer" (DSV) kommerziell erhältlich.
Das wohl bekannteste DSV-System von Viscotek dürfte das Relativ-Viskosimeter Modell Y501 gewesen sein, dass vielfach in der Industrie und in zahlreichen Forschungseinrichtungen verwendet wurde. Es handelt sich in diesem Fall um ein Gerät, das mit zwei Drucksensoren ausgestattet war, und im Durchflussmodus arbeitete. Der erste Drucksensor P1 misst immer nur die Viskosität des Lösungsmittels, während der zweite Drucksensor P2 die Viskosität der Probenlösung misst.

Abb.2: Schematische Darstellung eines Forced-Flow Viscometers [5]

Über einen Huggins- oder einen Kraemer-Plot kann aus der Relativen Viskosität über eine Extrapolation dann die Intrinsische Viskosität der Polymerlösung bestimmt werden [6].
Dieses alternative Messsystem weist eine Reihe von Vorteilen gegenüber den herkömmlichen Glaskapillargeräten auf:
- Es ist keine aufwendige Temperierung notwendig, da die Messung der Probe und die Messung der Referenz (reines Lösungsmittel) zur selben Zeit stattfinden.
- Mit Hilfe eines automatischen Probengebers kann das System automatisiert werden, wobei die Messzeiten im Vergleich zu den Glaskapillarsystemen deutlich geringer sind. Dadurch wird auch der Lösungsmittelverbrauch deutlich verringert.
- Das System besteht aus einem geschlossenen Kreislauf.
- Es weist eine sehr hohe Empfindlichkeit und einen großen dynamischen Messbereich auf.
- Aufwendige Spülprozeduren sind nicht notwendig, da die Probe nach jeder Messung das System komplett verlassen hat, und das System automatisch mit reinem Lösungsmittel durchflossen und somit gereinigt wird.
Verschiedene Firmen bieten heutzutage Viskositätsmessgeräte an, die auf dem Prinzip der in den 1980er Jahren entwickelten Forced-Flow Viscometer Technologie von der damals in Houston ansässigen Firma Viscotek Corporation basieren.
Fazit
Die Messung der Relativen Viskosität und der Intrinsischen Viskosität von Polymerlösungen stellt eine schnelle und einfache Methode im Bereich der Polymeranalytik dar, die auch in der Produktion eingesetzt werden kann. Über die Mark-Houwink Beziehung kann aus den gemessenen Intrinsischen Viskositäten der Probe Rückschlüsse auf das Molekulargewicht der Polymere in Lösung gezogen werden. Meist werden Glaskapillarsysteme für die Messung von Lösungsviskositäten eingesetzt. Alternativ dazu gibt es Forced-Flow Viskosimeter, die, basierend auf den Messdaten von zwei Drucksensoren, die Lösungsviskositäten von Polymerlösungen automatisiert im Durchfluss messen können.
Literatur
- G. Heinzmann, "Triple Detection in der Gelpermeationschromatographie und der Feld-Fluss Fraktionierung - die Wandlung eines Begriffs und seiner Bedeutung im Laufe der Zeit", Fachartikel Analytik NEWS, Mai 2018
- G. Heinzmann, "Wie können Mark-Houwink Strukturplots erzeugt werden?", Tipps & Tricks Ausgabe Nr. 22, Analytik NEWS, Dezember 2008
- M. A. Masuelli, Universidad Nacional de San Luis, "Mark-Houwink Parameters for Aqueous-Soluble Polymers and Biopolymers at Various Temperatures", Journal of Polymer and Biopolymer Physics Chemistry, 2014, Vol. 2, No. 2, 37-43
- American Polymer Standards Corporation, "Mark-Houwink Parameters for Polymers", 8680 Tyler Blvd., Mentor, OH 44060, USA, 1983-2022
- Craig Hitchcock, "Automated Solution Viscosity Measurements with negligible Sample Carryover using the Viscotek Y-500 Relative Viscometer", Application Note 17a, Viscotek Corp., Houston, Texas, USA, 1991
- M. Haney, "Modern Solution Viscosity Measurements", Viscotek Corp., Houston, Texas, USA, 1990
