Aufbau einer Ultrahochvakuum-Apparatur zur Messung der Elektronenspinresonanz im W-Band
Rocker, Jan - Freie Universität Berlin (2014)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Aufbau und der Inbetriebnahme einer Ultrahochvakuum-Apparatur, die es gestattet, unter wohldefinierten Bedingungen einkristalline Proben zu präparieren, zu charakterisieren und in-situ Elektronenspinresonanzmessungen an diesen unter Verwendung eines W-Band Spektrometers mit einer Frequenz von 94 GHz vorzunehmen. Der Einsatz der gegenüber vergleichbaren Aufbauten zehnmal höheren Frequenz verspricht ein um eine Größenordnung verbessertes Auflösungsvermögen bezüglich der feldabhängigen Zeeman-Komponenten. Hiermit können die Eigenschaften paramagnetischer Zentren im Detail untersucht werden. Die Kernaufgabe bei der Adaption des kommerziellen W-Band ESR-Spektrometers an die UHV-Apparatur liegt in der Konzeption und Realisierung eines adäquaten Resonators. Als Design wurde ein semisphärischer Fabry-Perot Resonator gewählt, aufgebaut aus einem gekrümmten Spiegel und der planaren Probe als Widerpart. Untersuchungen an diesem zeigen die hohen Präzisionsansprüche, die aus dem Einsatz der hochfrequenten Mikrowellen resultieren. Der Aufbau eines stabilen Resonators, welcher verlässliche Resultate zulässt, machte eine Reihe instrumenteller Verbesserungen erforderlich, insbesondere eine Modifikation des Resonators. Die mit dem geänderten Design erworbene Reproduzierbarkeit konnte im Rahmen der Untersuchung von paramagnetischen Defekten in einkristallinen Magnesiumoxid-Filmen verifiziert werden. Das verbesserte Auflösungsvermögen eröffnet erstmals die Möglichkeit, zwischen den Signalen verschiedener Defekte im ESR-Spektrum eines mit Elektronen beschossenen Magnesiumoxid-Films, der bei Raumtemperatur auf einem Silbersubstrat Ag(100) gewachsen wurde, zu unterscheiden.
Ergebnis der anhand von Symmetrieüberlegungen vollzogenen Analyse bildet ein durch Vergleich analoger Messungen legitimierter Parametersatz. Im Rahmen weiterer Untersuchungen wird eine Zuordnung der einzelnen Komponenten zu verschiedenen Defekttypen vorgenommen. Die isotrope Zentrallinie wird auf Sauerstoff-Fehlstellen im Volumen, sogenannte Farbzentren, zurückgeführt, welche nach dem Elektronenbeschuss der Filme hervortreten. Die übrigen Komponenten des Spektrums bilden zwei die Zentrallinie umgebende Linienpaare. Diese werden paramagnetischen Zentren an den Domänengrenzen des Magnesiumoxid-Films zugeordnet. Kandidaten hierfür wären sowohl Farbzentren, als auch morphologische Defekte, beispielsweise inverse Ecken, die als Elektronenfallen fungieren.
Die Ergebnisse sind konsistent mit den Resultaten von MgO auf Mo(001), welche unter Anwendung eines X-Band ESR-Spektrometers erstellt worden sind. W-Band Messungen an Magnesiumoxid-Filmen auf eben diesem Trägermaterial gewähren einen genaueren Einblick in die vorliegenden Defekte und zeigen neben Gemeinsamkeiten, signifikante Unterschiede in der Defektstruktur unter Verwendung der verschiedenen Substrate. Kategorische Voraussetzung für die aus den Spektren gezogenen Schlussfolgerungen, insbesondere für die Bestimmung der g-Tensorkomponenten stellt die Möglichkeit der Trennung der einzelnen Signale dar. Die bestehenden, im X-Band operierenden, ESR-Versuchsaufbauten können dies nicht leisten. Allein der Einsatz der höheren Mikrowellenfrequenz und das damit gesteigerte Auflösungsvermögen gestattet eine adäquate Analyse der Elektronenspinresonanz an einkristallinen Proben.