Experimentelle Untersuchung molekularer Signalkaskaden in der zellulären Mechanosensorik
Niediek, Verena - Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (2013)
Physikalische Signale stellen für Zellen wichtige Informationen dar, die über eine Reihe von Signalkaskaden auf verschiedenste Zellfunktionen wie Zellzyklus, Differenzierung oder Migrationsverhalten wirken. Die von Zellen wahrgenommenen mechanischen Signale können dabei u.a. Topographie, Elastizität oder Dehnung des Substrates umfassen. Zur Erkennung solcher Signale sind Strukturen notwendig, die solche äußeren Signale ins Zellinnere übertragen. Insbesondere die Fokaladhäsionen, die die Verbindung zwischen der Extrazellulären Matrix und dem Zytoskelett der Zelle aufbauen, scheinen eine wichtige Rolle zu übernehmen.
Der Aufbau von Fokaladhäsionen ist hoch komplex. Mehr als 150 bisher bekannte Proteine sind zumindest peripher daran beteiligt. Diese setzen sich in erster Linie aus Struktur-, Adapter- und Signalproteinen zusammen. Ein Großteil der an der Fokaladhäsion beteiligten Proteine wird in Bezug auf Struktur und Funktion reguliert, wobei die Regulation dabei weitgehend über Phosphorylierung erfolgt. Tyrosinkinasen wie FAK und die Tyrosinkinasen der Src-Familie nehmen in den Fokaladhäsionen eine zentrale Rolle ein. Setzt man Zellen dem physikalischen Signal der uniaxialen, zyklischen Dehnung aus, reagieren diese, indem sie ihre Orientierung ändern. Dabei richten Zellen als erstes ihr Zytoskeletts und nachfolgend ihre ganze Zellform senkrecht zur Zugrichtung aus. Die an diesem Prozess beteiligten Signalwege sind noch immer zu großen Teilen unverstanden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde der Einfluss der Kinasen der Src-Familie auf die Reorientierung bei uniaxialer, zyklischer Dehnung untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass Zellen, denen alle drei ubiquitär exprimierten Kinasen der Src-Familie (Src, Yes und Fyn) fehlen, eine im Vergleich zum Wildtypen deutlich verminderte Reorientierung senkrecht zur Zugrichtung aufwiesen. Daraus folgt, dass die Zellantwort auf zyklische Dehnung zumindest teilweise auf der Funktion der Kinasen beruht. Zellen, denen Yes und Fyn fehlen, während Src unverändert exprimiert wird, zeigten einen intermediären Effekt. Das deutet darauf hin, dass die Kinasen einander in diesem Signalweg nur teilweise komplementieren können.
Ein Fokaladhäsionsprotein mit möglicher mechanosensitiver Funktion stellt p130Cas dar. Für dieses Protein konnte in vitro gezeigt werden, dass es bei mechanischer Dehnung wie eine Feder auseinander gezogen und nachfolgend von den Kinasen der Src-Familie phosphoryliert wird. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Rolle dieses Proteins in vivo bei zyklischer Dehnung untersucht. Die Versuche zeigten, dass Zellen, die nicht mehr über p130Cas verfügen, sich nur unvollständig reorientieren können. In Versuchen mit einer p130Cas Mutante, in der die Tyrosine der streckbaren Substratdomäne durch Punktmutationen konstitutiv inaktiviert wurden, zeigte sich die gleiche verminderte Fähigkeit zur Reorientierung wie bei p130Cas-Knockout-Mutanten. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Dehnung von p130Cas sowie die nachfolgende Phosphorylierung einen wichtigen Einfluss auf die Reorientierung von Zellen als Reaktion auf zyklische Dehnung haben. Auf dieser Basis wurden weitere Versuche mit Crk, einem Adapterprotein von p130Cas, sowie einer Reihe weiterer Signalproteine wie C3G oder Dock1 durchgeführt. Knockdownoder Knockout-Experimente mit diesen Proteinen stellen eine gute Grundlage für die Untersuchung des weiteren Signalweges dar.