Elektronenspin-Resonanzspektroskopie an einkristallinem Photosystem II
Keßen, Sven - Freie Universität Berlin (2011)
Oxygene Photosynthese ist einer der für die Biosphäre der Erde zentralsten biochemischen Prozesse, der zum einen zur Gewinnung chemischer und damit letztlich biologisch verwendbarer Energie aus dem Sonnenlicht dient, zum anderen als Produkt dieser Reaktion den Sauerstoff erzeugt und an die Umwelt abgibt, der in der Erdatmosphäre angereichert erst die Voraussetzung lieferte für die Entstehung Sauerstoff umsetzender Lebewesen. Die Sauerstofferzeugung sowie ein guter Teil der Energiegewinnung für die Produktion von Nährstoffen findet dabei im Photosystem II (PSII) statt, einem Multiproteinkomplex in Cyanobakterien und den Chloroplasten von Grünpflanzen.
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In der vorliegenden Arbeit werden EPR-Untersuchungen am PSII aus dem Cyanobakterium Thermosynechococcus elongatus vorgestellt. EPR nutzt das Auftreten ungepaarter Elektronen und die Wechselwirkung ihrer magnetischen Momente in einem äußeren Magnetfeld, um über die Vermessung von Energieübergängen Rückschlüsse auf Bindungen, Aufbau und Orientierungen innerhalb von biochemischen Stoffen zu gewinnen. Als spektroskopische, wenig-invasive Methode eignet sie sich gerade auch für die Charakterisierung von Zwischenzuständen, die für andere biophysikalisch wichtige Methoden (etwa Röntgenkristallspektroskopie) nicht ohne Weiteres zur Verfügung stehen. Die Anwendung von gepulsten EPR- und ENDOR-Methoden unter Hochfeldbedingungen und im Besonderen die Verwendung von Einkristallen kann dazu wesentliche Einblicke in die innere Geometrie von Proteinen und Radikalen liefern.
Die Wasseroxidation erfolgt an einem Metallkomplex im Innern des PSII, dessen Struktur erst kürzlich aufgelöst und der als Mn4CaO5-Komplex identifiziert wurde. Nach Absorption eines Photons passender Energie durch das PSII geht dieser Komplex in den paramagnetischen sogenannten S2-Zustand über. Im Hochfeld wird das EPR-Signal dieses Komplexes und daraus die Komponenten seines g-Tensors bestimmt. Anhand von PSII-Einkristallen kann die Orientierungsabhängigkeit der sichtbaren Hyperfeinstruktur auf dem Signal demonstriert werden, die unter Hochfeldbedingungen drastische Unterschiede zum S2-Signal bei niedrigeren Mikrowellenfrequenzen aufweist. Ferner erlauben die EPR-Spektren eine weitergehende Beurteilung der in der Literatur publizierten Parametersätze für die Hyperfeinkopplungen der Manganionen des Komplexes. Gleichzeitig demonstriert dies aber auch die Schwierigkeiten und Grenzen des gezeigten Ansatzes bei der Charakterisierung eines spektroskopisch so komplexen Systems.