Entwicklung immunanalytischer Methoden zur Detektion von niedermolekularen toxischen Verbindungen in Lebensmitteln
Karsunke, Xaver York Zacharias - Technische Universität München (2011)
Das Bundesamt für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wirbt mit dem Slogan "Sichere Lebensmittel zu gewährleisten ist eine tägliche Verpflichtung für alle Beteiligten." Um dieser Verpflichtung nachzugehen, gibt es in Deutschland und in der Europäischen Union zahlreiche Verordnungen für gesetzliche Höchstmengen von Schadstoffen in Lebensmitteln und ein ausgedehntes Lebensmittelkontrollsystem. Da Lebensmittel in großem Maßstab hergestellt, im- und exportiert und konsumiert werden, müssen robuste und vor allem schnelle Verfahren zur Detektion von chemischen und biologischen Kontaminationen in Lebensmitteln eingesetzt und entwickelt werden. Hauptsächlich kommen hierbei die validierten chromatographischen Methoden, wie die Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) und Gaschromatographie (GC), mit einer Vielzahl von Detektoren zum Einsatz. Ein Nachteil dieser Methoden ist die zeit- und kostenintensive Probenvorbereitung und -reinigung. Alternativ können immunologische Verfahren zum schnellen Screening von Lebensmitteln zum Einsatz kommen, die auf eine Probenaufreinigung verzichten. Immunologische Methoden sind häufig weniger genau, dafür aber schneller und einfacher durchzuführen als chromatographische.
Ziel dieser Arbeit war es, schnelle immunanalytische Verfahren zur Detektion von Mykotoxinen in Getreide und von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs) in Trinkwasser zu entwickeln. Bei der qualitativen und quantitativen Bestimmung von Mykotoxinen stand die Methodenentwicklung im Vordergrund, bei der Detektion von PAKs in Trinkwasser lag der Schwerpunkt auf der Entwicklung neuer hoch affiner Antikörper.
Mykotoxine sind sekundäre Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, die u. a. Reis, Kaffee, Wein, ölhaltige Samen und Getreide befallen. Sie zeichnen sich nicht nur durch ihre akute Toxizität aus, sondern sind meist auch mutagen und kanzerogen. Schimmelpilze können Feldfrüchte schon auf dem Feld oder später bei der Lagerung befallen. Im Fall von Getreide ist der erste Verarbeitungsschritt nach der Ernte meist das Mahlen. Der Müller muss beim Ankauf des Getreides schnell und zuverlässig entscheiden können, ob das Getreide durch Mykotoxine kontaminiert ist. In der Europäischen Union und in Deutschland liegen für acht Mykotoxine bzw. Mykotoxinklassen gesetzlich vorgeschriebene Höchstmengen vor. Die Grenzwerte für die Aflatoxine und Ochratoxin A liegen im unteren >g/kg-Bereich, sind damit besonders streng und stellen eine hohe Anforderung an die Entwicklung einer Methode zum Nachweis solch geringer Kontaminationen dar. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der immunanalytischen Detektion von Aflatoxinen, Ochratoxin A und Zearalenon in Getreide und Getreideprodukten. Die qualitative und quantitative Analyse soll mittels Chemilumineszenz-Durchfluss-Mikroarray durchgeführt werden. Als Ausleseplattform für den Mikroarray soll der am Institut für Wasserchemie entwickelte Munich Chip Reader 3 (MCR 3) dienen. Diese Problemstellung schließt die Synthese und Charakterisierung von geeigneten Mykotoxinderivaten, die Chipherstellung, die Assayoptimierung, sowie die Validierung der neuen Methode und die Messung von Realproben ein.
Die zweite Aufgabenstellung bestand in der Entwicklung immunanalytischer Methoden zur Detektion von PAKs im Trinkwasser. PAKs kommen ubiquitär in der Umwelt vor, sind toxikologisch sehr bedenklich und werden daher als prioritäre Umweltschadstoffe angesehen. Die Trinkwasserverordnung belegt das besonders toxische Benzo[a]pyren (B[a]P) mit einem Grenzwert von 10 ng/L. Um eine laufende Kontrolle des Trinkwassers zu gewährleisten, ist das Interesse an schnellen immunanalytischen Methoden groß. Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit sollte auf der Antikörperentwicklung liegen, da bisher kein Antikörper generiert werden konnte, dessen Affinität den strengen gesetzlichen Höchstmengen von 10 ng/L für B[a]P in Trinkwasser gerecht wird. Vorangegangene Arbeiten lassen vermuten, dass der herkömmliche Weg zur Herstellung monoklonaler Antikörper keine ausreichend affinen Antikörper generieren kann, um eine Nachweisgrenze von 10 ng/L für B[a]P zu erreichen. Deshalb war die Produktion von rekombinanten Antikörpern auf Basis der genetischen Information von anti-B[a]P-Antikörper produzierenden Hybridomzellen angedacht. Es sollten neue monoklonale anti-B[a]P-Antikörper generiert werden, wobei ein Chip-basiertes Screeningverfahren zur schnellen Detektion von positiven Klonen entwickelt werden sollte.
Anschließend sollten die affinsten Klone ausgewählt werden, um eine rekombinante Antikörperbibliothek aufzubauen. Die genetische Rekombination verschiedener leichter und schwerer Ketten könnte einen Weg zu hoch affinen rekombinanten Antikörperfragmenten (scFv) darstellen. Neben der Herstellung der rekombinanten Antikörper sollten diese und die monoklonalen Antikörper bezüglich ihrer Affinität und Selektivität charakterisiert werden. Außerdem sollten immunanalytische Techniken zur Detektion von B[a]P in Trinkwasser entwickelt werden. Neben den klassischen direkten und indirekten Enzyme-linked Immunosorbent Assays (ELISA) sollten ein Fluoreszenzpolarisationsimmunoassay (FPIA) und ein Oberflächenplasmonenresonanz (SPR) basierter Assay entwickelt werden.