Entwicklung und Anwendung von UHPLC-MS Verfahren für organische Spurenstoffe zur Bewertung der Sicherheit der Rohwasserressourcen der Wasserwerke der Stadt Berlin
Baar, Patricia van - Technische Universität Berlin (2015)
Gegenstand der vorliegenden Arbeit war die Erstellung eines Untersuchungsprogramms zur Bewertung der Rohwasserressourcen der Berliner Wasserwerke. Zu diesem Zweck wurden geeignete UHPLC-MS Verfahren für die Target und Non-Target Analytik entwickelt.
Für die Target Analytik wurde eine UHPLC-MS/MS Multimethode erstellt, die sich als sensitives, schnelles und kostengünstiges Verfahren erwiesen hat. Das Verfahren beruhte auf Direktinjektion im multiple reaction monitoring (MRM)-Modus. Auch ohne Probenaufarbeitung wurden Bestimmungsgrenzen im unteren ng/L Bereich erreicht. Bei der Methodenvalidierung für die Matrizes Grundwasser, Oberflächenwasser und gereinigtes Abwasser (Klarwasser) traten lediglich bei letzterem Matrixeffekte auf. Diese ließen sich aber durch Verdünnung der Probe minimieren.
Zusätzlich zur Target Analytik wurde die Non-Target Analytik eingeführt, um ein größeres Substanzspektrum abzudecken. So konnten auch Substanzen erfasst werden, die bisher nicht im Berliner Wasserkreislauf detektiert wurden. Für die Non-Target Analytik wurde eine Screening Methode mittels UHPLC-HRMS erarbeitet. Die Datenauswertung erfolgte in zwei verschiedenen Ansätzen, Suspect Screening und Non-Target Screening. Das Suspect Screening erfolgte über eine selbst erstellte Suspect Datenbank mit mehr als 2000 Verbindungen mit potentieller Relevanz für den Wasserkreislauf. Das Verfahren basierte auf der Suche nach Datenbanktreffern, genannt Suspects, die über die exakte Masse ermittelt und anschließend über Isotopenmuster und Fragmentionen bestätigt wurden. Für das Non-Target Screening wurden online Datenbanken wie ChemSpider und STOFF-IDENT verwendet, die ein größeres Stoffspektrum umfassen. Hierdurch konnten mehr "unbekannte" Stoffe wie auch Transformationsprodukte erfasst werden. Das Non-Target Screening ist aufgrund einer größeren Anzahl an falsch-negativen jedoch sehr zeitintensiv.
Als Untersuchungsstandorte wurden die Wasserwerkseinzugsgebiete Johannisthal (JOH) und Tegel ausgewählt. JOH ist ein ehemaliger Industriestandort mit entsprechender Beeinträchtigung durch Altlasten. Neben bisher nicht im Monitoring enthaltenen Spurenstoffen wurden dort auch Verbindungen wie z.B. Sulfamerazin (Handelsname Berlocombin®) nachgewiesen, die heute nicht mehr eingesetzt werden, aber im nahe gelegenen Werk Berlin-Chemie in den 1980er Jahren synthetisiert wurden. Der Standort Tegel wurde ausgewählt, da dessen Uferfiltrat durch abwasserbürtige Verbindungen geprägt ist. Aus diesem Grund wurde das Verhalten von Spurenstoffen während der Uferfiltration entlang der Transekte Tegel untersucht. Hierbei wurden sowohl frühere Studien verifiziert als auch neue Erkenntnisse gewonnen.
Der Großteil der detektierten Verbindungen waren Arzneimittelwirkstoffe, die über die Vorflut der Klärwerke in die Oberflächengewässer gelangt sind. Einige der mit dem Suspect Screening neu detektierten Verbindungen waren während der Uferfiltration persistent, was in Hinblick auf die Gefährdung der Trinkwasserressourcen von großer Bedeutung ist. Es konnte für die Blutdrucksenker Candesartan und Olmesartan ein redoxabhängiges Abbauverhalten nachgewiesen werden: Sie verhielten sich im Aeroben persistent, während im Anaeroben ein Abbau stattfand. Das Antiepileptikum Gabapentin und der Metabolit Valsartansäure verhielten sich dagegen unabhängig vom Redoxmilieu persistent, während Verbindungen wie das Analgetikum Tramadol und das Diuretikum Hydrochlorothiazid in allen Redoxmilieus Abbau zeigten. Im Non-Target Screening wurden außerdem mit Hilfe des Biotransformationsvorhersagesystems EAWAG-BBD potentielle Transformationsprodukte beschrieben. Obwohl entsprechende Standards für die Bestätigung solche Transformationsprodukte oft nicht zur Verfügung stehen, war es möglich das Gabapentin Lactam mit einem Standard als Umwandlungsprodukt des Gabapentins zu verifizieren. Der Einsatz der Screening Verfahren in Kombination mit Quantifizierung zeigte sich als hervorragende Untersuchungsstrategie für die Bewertung von Rohwasserressourcen. Insgesamt deckt diese umfassende Spurenstoffanalytik eine große Zahl an potentiellen Wasserkontaminanten und Transformationsprodukten ab.
Zukünftig könnte diese Vorgehensweise sowohl im Rahmen geplanter Investitionsentscheidungen, als auch im Rahmen von Rohwasseruntersuchungsprogrammen von Wasserversorgern genutzt werden.